Frühjahrskonzert

Todesmutige Fahrten entlang meterhoher Wellen, ein fröhliches Trinkgelage in einem englischen Seemannspub, wilde Schlachten auf entfernten Ozeanen und allerlei aufregende Insel-Abenteuer – unter dem Motto „Zu hoher See!“ lud der Musikverein Oberderdingen in diesem Jahr zu seinem Frühjahrskonzert, welches am Samstag, 24. März in der Oberderdinger Aschingerhalle stattfand.

Eine Premiere gab es gleich zu Beginn: Das Jugendorchester eröffnete das Konzert unter der Leitung seines neues Dirigenten Marius Kroh schwungvoll mit dem Stück „Splish Splash“, arrangiert von Michael Story. Nachdem der Dirigent anschließend als betrunkener Seemann die Bühne betreten hatte, gelang es ihm mühelos, das Publikum gemeinsam mit seinen jungen Musikern und Robert Sheldons „Variants On A Sea Shanty“ weiter auf das nasse Konzertmotto einzustimmen – und der Ohrwurm rund um den „Drunken Sailor“ hallte wohl bei einigen Zuhörern auch noch auf dem späteren Nachhauseweg nach. Zum Abschluss ging es in die Karibik: Mit „Little Girl From Trinidad“, eindrucksvoll interpretiert insbesondere vom Querflötenregister des MVO-Nachwuchses, lag ein Hauch der Wärme der karibischen Sonne in der Luft und sanftes Meeresrauschen klang in den Ohren der Zuhörer nach. Die Zugabe „The Bare Necessities“ krönte schließlich das gelungene Debüt des jungen Dirigenten und seines Jugendorchesters in neuer Besetzung.

Mit der malerischen Suite „Sea Hawk“, einem majestätischen Arrangement Jerry Brubakers über einige Themen der ursprünglich 1940 vom austroamerikanischen Komponisten Erich Wolfgang Korngold komponierten Musik zum Film „Der Herr der 7 Meere“ öffnete sich im Anschluss klangvoll der Vorhang für das Große Blasorchester mit seinem Dirigenten Philipp Zink.

Sechs Volkslieder, gesammelt mit 55 weiteren vom englischen Komponisten Vaughan Williams und notiert in einer englischen Fischerkneipe, sind Bestandteil der „Songs of the East Coast Fishermen“ von Philip Sparke. Mit dieser melodiösen Suite gelang es den Oberderdinger Musikern eindrucksvoll ein Stück englische Tradition auf die Konzertbühne zu bringen, indem sie musikalisch unter anderem den heldenhaften, aber aussichtslosen Kampf eines amerikanische Seglers gegen ein gepanzertes Dampfkriegsschiff umsetzten, einen Walskipper im Kerker in Erwartung des Galgens auf die Bühne holten und die Wandlung eines englischen Kaperfahrer in Tunis zu einem reichen und angesehenen Ehrenmann darstellten.

Die Vorgeschichte und die Erlebnisse Robinson Crusoes beschreibt Bert Appermont in seinem gleichnamigen Werk in vier Sätzen, nämlich „Der Seefahrer“, „Das Schiffswrack“, „Die Insel“ und „Die Kannibalen“, mit welchen die Aktiven des Musikvereins Oberderdingen die Zuhörer in die Pause entließen – und ihnen so die Möglichkeit gaben, sich zum Beispiel bei einem Gläschen Rum in der Seemannsbar, welche sich hervorragend in die gelungene thematisch passende Hallen- und Bühnendekoration einfügte, von den bisher erlebten Seemann-Eskapaden  zu erholen.

Auch der zweite Konzertteil ließ das Publikum zahlreiche Abenteuer auf hoher See erfahren. Mit dem Werk „Waterkant!“ des  südbadische Musiklehrers und Komponisten Markus Götz wurden zunächst ein „Abschied“, dann eine Fahrt „Auf hoher See“ sowie der „Tanz der Matrosen“ und schließlich die „Stürmische See“ thematisiert, bevor es nach „Heimweh“ zum „Hafenfest“ ging, wo zur bekannten Melodie des „Hamborger Veermaster“ gefeiert wurde.

Gefordert war anschließend vor allem das tiefe Register, dass den „weißen Hai“ in der Aschingerhalle auftauchen ließ. Die Musik zum Filmerfolg „Jaws“ aus dem Jahr 1975 wurde ursprünglich von John Williams komponiert und von den Oberderdinger Musikern in einem Arrangement des Briten Peter King so imposant dargeboten, dass mit Verklingen des überraschenden letzten Abschlussakkords mit Sicherheit das Herz des einen oder anderen Zuhörers heftig schlug.

Mit der Musik zu den Filmen „Titanic“ und „Das Boot“ blieb das Große Blasorchesters anschließend im Genre der Filmmusik verhaftet. Für seine Musik zum bekanntesten Film über das Schicksal der „Titanic“ erhielt James Horner 1998 zwei Oscars – für den Soundtrack des Films sowie für den besten Song, das seit damals wohl weltberühmte Lied „My Heart will go on“. Mit einem Arrangement des Japaners Takashi Hoshide durfte das Publikum in der Aschingerhalle die tragischen Stimmungen und wallenden Emotionen des Films wieder aufleben lassen und sich noch einmal zu Rose und Jack an die Reling der Titanic träumen.

Als spannungsvoll geladen kann die Atmosphäre beschrieben werden, die sich dann bei der Darbietung von Klaus Doldingers Komposition „Das Boot“ in einem fesselnden Arrangement des Tschechen Jiri Kabat über die Konzerthalle legte, ehe es zum Konzertausklang schließlich wieder zurück in die Karibik ging, wo Jack Sparrow mit den „Pirates of the Caribbean“ in einem Arrangement von John Wasson ein letztes Mal für diesen Abend zu gewagten Hochsee-Abenteuern einlud, bevor das Oberderdinger Publikum mit sicherlich klopfendem Herzen, dem ein oder anderen Ohrwurm und noch gefesselt von Erinnerungen und Träumereien, jedoch letztlich sicher und wohlbehalten die „Black Pearl“ verließ und endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte.

Der Marsch „Gruß an Kiel“ beendete einen beeindruckenden Konzertabend, bei welchem der andauernde Spaß an der Blasmusik für Gäste und Musiker auch daran zu erkennen war, dass der stellvertretende Vorsitzende des Bezirks Kraichgau-Bretten, Helmut Rach, gleich mehrere Musiker für ihre Treue zum aktiven Musizieren ehren durfte: Schlagzeuger Oliver Kosel bekam die Verbandsehrennadel in Bronze für 10 Jahre Aktivität überreicht, während sein Vater und ebenfalls Schlagzeuger Martin Kosel sogar schon auf 40 Jahre Aktivität im Verein zurückblickt und deshalb die Goldene Ehrennadel erhielt. Für sogar 50 Jahre aktives Musizieren durfte Rach die Große Goldene Ehrennadel des Bunds Deutscher Blasmusikverbände an Tenorhornist Helmut Fretz, E-Bassist Hardy Stoll und Tenorsaxophonist Alfred Woll aushändigen.